Gefunden: Insel Amlia
In dieser Welt ist die dämonische Energie wiederum stärker als in der Letzten. Auf den ersten Blick erscheint die Welt absolut friedlich. Es gibt anscheinend keine Menschen oder Elfen. Die ganze Welt gleicht einem Glaskessel voller Wasser, das man ganz langsam mit Magie auf große Hitze gebracht hat, ohne das das Wasser zu sprudeln begonnen hätte. Die kleinste Störung reicht und Dämonen brechen hervor.
Dass Ausüben von Magie Dämonen hervor bringt, haben wir gleich am ersten Tag erfahren. Mir war zu heiß und ich wollte mich ein wenig kühlen. Nun, ich wurde gewärmt. Ein kleiner Mistkerl von Feuerdämon wollte mir meinen priesterlichen Allerwertesten anzünden. Natürlich haben wir ihn sofort mit Magie angegriffen. Fehler! Jede Ausübung von Magie bringt neue Dämonen hervor. Je mehr Magie, je stärker der Dämon. Zum Glück hatten wir von den Elfen magische Waffen erhalten, mit denen wir die Dämonen töten konnten, ohne weitere dabei herbei zu rufen. Wir wussten fortan, dass wir ohne Magie würden auskommen müssen.
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Das Reisen mit dem Wissen, dass wir unserer Magie beraubt sind, verunsichert uns zutiefst. Wir sind unserer einzigen guten Verteidigung beraubt! Wir können nicht mal mehr magisch jagen und für die normale Jagd mit normalen Waffen sind wir nicht ausgebildet. Farshid hat einen kleinen Bogen, mit dem er gelegentlich versucht, kleinere Tiere zu erlegen. Noch gelegentlicher gelingt ihm das sogar. Wenn wir Feuer brauchen, dann machen wir das mit einem Zauber, bereiten uns aber bereits vorher darauf vor, einen Dämonen – zum Glück sehr schwach – töten oder vertreiben zu müssen.
Die Reise ist sehr beschwerlich. Wir sind anscheinend auf dem Kontinent, der von den Elfen Australien genannt wird. Das Tor steht in einer sumpfigen Dschungelgegend. Die Elfenstadt ist nur noch in wenigen überwucherten Ruinen zu erkennen. Es ist drückend heiß und schwül. Drei Dinge sind wahrhaft majestätisch: Die Gewitter, die Mücken und die Krokodile. Letztere würden auch einem gestandenen Krokodil-Vetretan vom Nil Respekt beibringen können. Von karthagischen Priestern mal ganz abgesehen! Die Mücken sind eine babylonische Plage. Und wir können uns weder magisch schützen noch heilen. Wir probieren verschiedene pflanzliche Tinkturen aus. Nachdem sich Naazanin mit einer den Pflanze den ganzen Arm verbrannt hat, sind wir sehr vorsichtig geworden.
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Naazanin hat hohes Fieber von dem Pflanzensud an ihrem Arm. Wir geben ihr einen unserer wertvollen Heiltränke. Er hilft und ruft keine Dämonen hervor. Das Fieber bricht.
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Ich nehme an, die Kombination aus üblem Klima, dem sich durchkämpfen durch den Sumpf und die Verunsicherung dadurch, dass wir unserer Magie beraubt waren, hat bei Naazanin und Farshid eine Mauer brechen lassen. Ich ertappte sie, wie sie sich küssten. Natürlich erkannten sie sofort das fehlerhafte ihres Verhaltens und sie verhielten sich wieder gebührlich. Ich glaube nicht, dass sie das schaffen. Was soll ich nur tun? Solches Verhalten kann den Erfolg der Suche gefährden. Ich werde streng sein müssen.
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Sie haben es wieder getan! Heute haben wir den Sumpf hinter uns gelassen und fanden sogar einen sauberen Fluss an dem wir rasten und uns waschen konnten. Ich muss gestehen, dass auch mir eine Last von den Schultern fiel. Nachts war es dann die kleine Last ihres Gewandes, die Naazanin von Farshid von den Schultern gefallen wurde. Zu Glück hatte ich nicht schlafen können und wunderte mich, warum keiner von beiden in unserem Lager war. Als ich sie erwischte, gab es Streit. Während Naazanin offensichtlich beschämt war, machte Farshid mir Vorwürfe und erhob seine Stimme. Ich warf ihm vor, er gefährde die Suche! Er warf mir mein Alter vor. Die Diskussion wurde hitzig, bis plötzlich ein Dämon zwischen uns erschien. Ich war der einzige, der bewaffnet war. Der Dämon war klein, aber flink. Bis ich meine Waffe gezogen hatte, hatte er sich bereits auf Naazanin gestürzt und ihr ein großes Stück aus dem Bein gerissen. Sie wurde direkt ohnmächtig. Das rettete uns, weil sie ihren Schmerz nicht spürte. Ich tötete den Dämonen.
Farshid und ich brachten sie ins Lager und begannen ihre Wunde zu versorgen. Während wir beratschlagten, ob eine Heilung nötig sein würde, setzten bei ihr die Schmerzen richtig ein. Schmerzen sind starke Emotionen und flugs hatten wir den nächsten Dämonen da. Dieser war etwas stärker und wieder mussten wir zu unseren Waffen greifen. Der Dämon wurde ebenfalls getötet, nicht jedoch, ohne Farshid eine Wunde am rechten Arm beizubringen. Ich sah mich gezwungen, Naazanin mit einem Schlag auf den Kopf zu betäuben, bevor ich Farshid verarztete.
Jetzt ist an eine Heilung beider nicht zu denken. Würde ich auch noch verletzt, so wäre keiner mehr in der Lage uns zu verteidigen. Farshid und ich entschieden uns, zurück zum letzten Tor zu gehen. Naazanins Bein braucht eine magische Heilung. Ohne würde das Bein verkrüppelt bleiben. Wir werden sie betäubt halten und tragen müssen.
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Ich glaube, Farshid gibt mir die Schuld am geschehenen. Er redet nicht mit mir. Jede kleine Ungeschicklichkeit von mir beim Tragen von Naazanin durch den Sumpf wird mit nur mühsam verborgenen Vorwürfen kommentiert. Er ist auch nicht geschickter, schiebt das aber alles auf seinen verwundeten Arm.
War ich zu hart? Wir haben Eide geschworen!
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Ohne Gesprächspartner, gefangen in monotoner harter Arbeit, fange ich an zu grübeln, was diese Welt für unsere Forschung am Fluch bedeuten könnte. Ich glaube, dass hier bereits Dinge möglich wären, die in der Welt der Japaner nicht möglich wären. Wir hatten mal über eine Möglichkeit nachgedacht, dämonische Energie zu konzentrieren und gezielt zurück in die Unterwelt zu leiten. Das könnte man hier probieren ohne hier lebende Menschen zu gefährden. Wenn wir wieder auf Amlia sind, werde ich eine entsprechende Nachricht schicken.
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Wir erreichen Amlia und heilen Naazanin und Farshid. Die große Wut ist verraucht. Gewichen ist sie einem widerwilligen Gefühl der Notwendigkeit zusammen arbeiten zu müssen. Farshid fragt mich „Es gibt kein Karthago mehr! Für wen also machen wir das alles eigentlich? Und was sind unsere Eide noch wert?“
An dieser Stelle hätte ich fast alles hingeschmissen. Dennoch: Wir sind die Sucher. Wir machen weiter und gehen wieder durch das Tor in die Sümpfe zu den Mücken und den Gewittern.